Wünschen wir uns für uns Veränderung haben wir womöglich auch direkt ein Ziel vor Augen. So motivierend dies auch sein kann, vermag es uns zugleich auch ganz schön unter Druck zu setzen. Unter Druck hingegen wird Veränderung für viele von uns eher unwahrscheinlicher.
Weshalb Prozess-Begleitung im Coaching Sinn ergibt, das erfährst du in diesem Artikel.
Ich selbst habe im Laufe meiner Selbstständigkeit auch stets gerne mit Zielen und ihrer Erreichung gearbeitet. An einem Punkt habe ich mich sogar dazu hinreißen lassen einen 5-Jahresplan zu erstellen. Hierfür malt man sich aus, wo man in 5 Jahren stehen will, und bricht die nötigen Zwischenziele und -schritte auf die entsprechenden Jahre, Monate und Wochen herunter.
Visionen und Ziele können unfassbar tragen und motivieren. Sie können einen auch in schwierigen Zeiten an das erinnern, was man sich einst vorgenommen hat. So können sie für Ausrichtung und Durchhaltevermögen sorgen. „Think big“, sich also scheinbar unerreichbare Ziele zu stecken, öffnet den Raum für bislang Undenkbares. Ziele genau zu formulieren und sich ihnen kleinschrittig zu nähern, erzeugt Handlungsfähigkeit und ermächtigt.
Das Nutzen von selbstgesteckten Zielen kann je nach Situation und Motivation daher enorm viel Sinn ergeben. Jedoch möchte ich an dieser Stelle noch einmal den Blick auf den Weg richten.
Ich hatte unlängst Renovierungsarbeiten vorzunehmen. Hier hatte ich ein ganz klares Ziel vor Augen: den Raum so umzugestalten, dass ich mich in ihm rundum wohl fühle. Auch Zwischenschritte waren hierbei für mich schnell ersichtlich: Folgendes muss entrümpelt werden, Jenes besorgt werden, hier will ich streichen, dort Möbel rücken. Ganz logisch erschloss sich mir die Reihenfolge meiner Arbeitsschritte und man könnte sagen, ich arbeitete mit Klarheit an der Erreichung meines Ziels.
Erlebt habe ich das Ganze jedoch vollkommen anders, nämlich zum ersten Mal so richtig bewusst prozessorientiert. Statt mein Ziel im Vorhinein schon bis ins Detail geplant zu haben und mit Druck und auch Ungeduld an der Erreichung zu arbeiten, begab ich mich einfach in einen fließenden Prozess. Vielleicht ist es dir beim Lesen aufgefallen - mein formuliertes Ziel war in diesem Fall auch gar kein objektiv messbares Ereignis, sondern viel mehr ein Gefühl. Im Grunde war meinem Ziel schon der Weg inhärent. Oder anders: der Weg war das Ziel.
Und dieser Weg entfaltete sich damit auch auf eine Art und Weise wie ich ihn niemals hätte planen können. Entscheidungen traf ich als sie zu treffen waren, nicht zwingend vorab. Fragen kamen auf und lieferten die Antworten quasi gleich mit. Ich war „im Flow“. Den Weg erlebte ich daher als unfassbar kreativ und inspirierend. Herausforderungen zeigten sich mir als neue Lernerfahrungen. Mit der Offenheit und dem Vertrauen, das ich in das Projekt einbrachte, war ich einfach aufgeschlossen und neugierig wie es weiter geht. Alles fügte sich am Ende zu einem stimmigen Bild.
Wer bei seiner Zielbestimmung und -Erreichung den Weg außer Augen lässt, verpasst womöglich das Beste.
Für mich hat sich durch meine eigene Prozessarbeit in den letzten Jahren schlichtweg der Fokus verschoben, vom Ziel immer mehr hin zum Weg. Das macht sich im Alltag bemerkbar, wie eben geschildert, und ist vor allem auch Basis meiner Arbeit geworden. Was mich nun viel mehr begeistert und „packt“ als Ziele zu stecken und sie abzuarbeiten, ist der Blick auf den Prozess dorthin. Wie lässt sich eine gewünschte Veränderung so gestalten, dass sie stärkend und nachhaltig ist? Aus welchen Zuständen heraus wird gehandelt/gedacht/empfunden? Wie können wir uns so zum Jetzt positionieren, dass es den Prozess unterstützt?
Es geht hier nicht um schnelle Antworten oder „Quick Fixes“. Es geht um nachhaltige Transformation durch kraftvolle Prozesse. Ohne Druck, dafür mit viel Zuwendung und Feingefühl. Damit bereits der Weg als sicher wahrgenommen und eine Zielerreichung nicht nur möglich sondern auch befriedigend werden kann.